Unfreiwillig und einfach so habe ich heute wieder etwas gelernt. Genau das hat mir aber die Augen geöffnet und gezeigt, was ich im Eifer des Alltags dann doch immer wieder mal so leicht vergesse…
Und wie alles im Leben hat auch diese Geschichte wieder zwei Seiten für mich offenbart.
Im Grunde nichts wirklich Großes. Ich habe Wäsche gewaschen. Was ausgerechnet das mit Perfektion zu tun hat, erfährst du jetzt.
Denn ich habe mir beim Waschen leider DEN Klassiker geleistet, der schon Stoff für viele häusliche Dramen war: ich steckte unwissentlich eine ziemlich stark abfärbende, dunkelblaue Hose zur restlichen Wäsche. Ich war einfach in Gedanken und achtete somit nicht darauf, sie entweder separat zu waschen oder zumindest zu der schwarzen Wäsche zu geben.
Das war mir in diesem Moment also überhaupt nicht bewusst. Und so wusch ich drauf los, schmiss danach alles unbesehen und fix in den Trockner und freute mich wie ein Schneekönig über das vollbrachte Werk. Zu diesem Zeitpunkt ahnte ich noch nicht ansatzweise, dass alles, was vorher weiß oder zartrosa war, nun in leichtem Bleu verfärbt war.
Als ich meinen Töchtern im Anschluss ihre Sachen zum Einsortieren gab, haben sie mich natüüürlich gleich darauf aufmerksam gemacht – liebevoll wie immer:
„Menno, Papa! Das ist ja alles blau…!!“
So weit, so gut. Den weiteren Disput (vor allem den mit meiner Frau) erspare ich dir an dieser Stelle… 😉
Naja, zum einen möchte ich dich trösten, falls du gerade mal wieder an dir selbst (ver)zweifelst, weil du immer selbst Perfektion und Vollkommenheit in Vollendung von dir erwartest.
Und zum anderen möchte ich dir einen ganz wichtigen Punkt vor Augen führen. Selbst und besonders bei solch alltäglichen Dingen.
Du kannst mir glauben, dass auch ich immer gerne möglichst gute Ergebnisse abliefern möchte und deshalb selbst viel zu oft versuche, Dinge perfekt werden zu lassen.
Da kann es durchaus mal passieren, dass ein Projekt länger liegen bleibt, weil mir eine innere Stimme ständig sagt, dass ich dieses noch bedenken sollte und jenes noch schöner machen könnte.
Vielleicht kennst du ihn ja auch, diesen Quatschie in dir? Ständig nörgelt er an dir rum oder hält dich davon ab, Träume zu verwirklichen oder lange Geplantes endlich anzugehen. Das ist oft dieselbe Stimme, die dir erzählen will, was andere – die Gesellschaft! – scheinbar und mutmaßlich von dir erwarten.
Aber ganz ehrlich, direkt gesagt hat dir doch noch nie jemand wirklich, was du zu tun oder zu lassen hast. Oder? Ich meine die Antwort auf die immer wieder selbstgestellte Frage „Darf ich XY so oder so machen, es überhaupt tun?“.
Darf ich das?
Die Antwort ist eindeutig: JA, du darfst!
Du merkst vielleicht gerade schon selbst, dass die Sache mit der Perfektion, bzw. dem Streben danach eine durchaus komplexe Angelegenheit ist.
Augenscheinlich gibt es dabei zwei Betrachtungsweisen bzw. Folgen, mit denen umzugehen du unbedingt lernen solltest:
Zum einen kann sie nämlich dazu führen, dass du niemals wirklich ins Tun kommst, sie dich also ständig daran hindert, Vorhaben anzugehen und umzusetzen. Das kann wirklich in höchstem Maße unbefriedigend und frustrierend sein. Und zugegeben, es ist schwer, dabei über den eigenen Schatten zu springen und trotzdem einfach mal loszulegen.
Dazu gehört regelmässiges Training. Und der Wille zu der Erkenntnis, dass dir der Himmel nicht auf den Kopf fallen wird, wenn das Ergebnis mal eben doch nicht ganz perfekt ist. Diese Erkenntnis wird sich dir aber erst zeigen, wenn du sie hinter dem Ofen hervor lockst: durch dein Tun.
Zum anderen – und darum geht es hier und heute ja in erster Linie – führt die übersteigerte negative Bewertung von ‚Fehlern‘ dazu, dass Selbstzweifel entstehen oder sich weiter festigen und verstärken.
Und durch diese Art der unverhältnismäßigen Selbstbewertung steigerst du zusätzlich dein Streben nach Perfektionismus noch weiter.
In meinem obigen Beispiel (und so Alltägliches kann ja nun wirklich häufiger passieren) liegt es also ganz allein bei mir, wie ich mit dieser Situation umgehe und wie ich darauf reagiere.
Zuerst einmal hätte ich die Wäsche liegen lassen können. Irgendwer hätte sich schon irgendwann darum gekümmert. Wahrscheinlich. Hätte ich mich deshalb besser gefühlt? Vielleicht, aber eher unwahrscheinlich.
Ganz sicher ist: ich hätte diesen Fehler nicht gemacht.
Genauso sicher ist: ich hätte nichts gelernt und würde mich nicht weiterentwickeln.
Als Reaktion auf meinen Lapsus kann ich also nun heftig fluchen, mich ärgern, der doofen Waschmaschine oder gar dem ach so ungerechten Schicksal die Schuld geben und mich seeehr lange seeehr schlecht fühlen – oder…
Ich kann mich entscheiden, anders zu denken: Gelassener. Sofort.
Ich kann mich aktiv dafür entscheiden, aus dem Missgeschick zu lernen und es als Helfer anzunehmen, der mir eine neue Erkenntnis bringt und mich so sicherer macht. Selbstsicherer.
Ganz ehrlich: Wenn ich Werte und Erwartungen (hier: meiner Familie) einmal außen vor lasse und nur die Situation bzw. das Ergebnis als solches betrachte, sieht das Ganze in meinen Augen ganz entspannt aus.
Im Grunde bin ich sogar stolz auf das Ergebnis. Die Klamotten sind derart gleichmäßig gefärbt, als wären sie so gekauft worden. Keine Flecken, keine Unregelmäßigkeiten – einfach perfekt. Und das muss man ja erstmal so hinbekommen!
Natürlich ist es mir aber nicht egal, wenn und ob ich Schaden anrichte und ich werde mich deswegen auch nicht übertrieben egozentrisch selbst feiern. Aber in diesem speziellen Fall ist ja nicht allzuviel passiert.
Hier das Wichtigste nochmal zusammengefasst:
Ich finde: Unperfektion ist eigentlich ganz sexy.
Claudi
Aber Du hast recht! Missgeschicke und Fehler passieren, und wenn man sich darüber aufregt und ärgert wird es dadurch weder ungeschehen noch besser.
Ich erleb das leider tagtäglich, und dann muss ich auch noch die Fehler anderer versuchen auzubügeln... Dann bin ich immer froh, dass es doch noch Menschen gibt, die das ganze nicht ganz so tragisch sehen!
Also einfach mal fünfe gerade sein lassen und das Beste aus der Situation rausholen!
Henning Nowak
das klingt nach einer sehr gesunden Einstellung! (Y)
Henning
Was denkst du?